Das besondere Fossil

Juni 2008- Ceratites levalloisi juvenil
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Enddurchmesser = 100 mm,
Durchmesser Phragmokon = 70 mm
Oberer Muschelkalk, Bank der kleinen Terebrateln, Berlichingen
Bewuchs durch Placunopsis = echte Epökie
Slg. Schuster

Einführung:

Das abgebildete juvenile Exemplar wurde horizontiert aus der „Bank der kleinen Terebrateln“ in Berlichingen entnommen. Die durchgängig von der Innenwindung („P“-Typ) bis zur Gehäusemündung kräftige Skulptur ist dichotom. Die Länge der Wohnkammer beträgt ca. 190°. Die beidseitig kantig abgegrenzte Ventralseite des leicht verdrückten Phragmokons ist bereits sehr schmal - ein Kriterium der „Streckung der Ontogenie“ der Individuen in den Zonen der „Discoceratiten“ (= die Entwicklungsstadien der jugendlichen Skulpturmerkmale werden immer länger beibehalten).
Das hat zur Folge, dass sich häufig zwischen den eng gegenüberstehenden Marginalknoten stegartige skulpturelle Verbindungen entwickeln (dieses ist ebenfalls ein Merkmal der Immigranten). Solche „fastigaten“ Bildungen entstehen dann sowohl zwischen alternierend als auch gegenständig stehender Marginalskulptur. Sie sind, weil die Marginalknoten immer vollständig ausgebildet erscheinen, somit keine kausal traumatisch (= durch äußere Einflüsse, z.B. Verletzungen) bedingten Strukturen.


Ceratites levalloisi juvenil, Ventralseite



Ceratites levalloisi juvenil, Ventralseite


Der gekammerte Gehäuseteil (Phragmokon) als ontogenetischer Informationsträger

Die Phragmokonparameter sind Merkmale, die durch das Wachstum des Individuums während seiner Lebenszeit geprägt sind. Diese Parameter sind:

  • Anzahl der Septen (a)
  • Drängungs-Index (DI)

Zunächst werden diese Parameter mit Hilfe von Messungen am Steinkern ermittelt und berechnet. Später wird eine Interpretation dieser Parameter vorgenommen.

Mit den Werten „a“ (= Zwischenraum der letzten drei Marginalsättel), der gemittelten Röhrenhöhe auf diesem finalen Phragmokonabschnitt „h5“ [= (h2+h2+h3)/3] und der Formel (a / h5) /3 wird der relativierte Anteil eines Septums in der letzten Lebensphase eines Individuums ermittelt. Dieser Drängungs-Index objektiviert den subjektiven Begriff „sekundäre Lobendrängung“.


Abb. 4: Messung und Berechnung der Gehäuseparameter


Die Anzahl der Septen auf dem letzten halben Umlauf und der relativierte Anteil eines Septums in der letzten Lebensphase eines Individuums sind dynamische Indikatoren die helfen den als Steinkern überlieferten Ceratiten in ein „fossiles Lebewesen“ zu verwandeln.

Die Ergebnisse verschiedener Populationsanalysen (vgl. REIN 2003, 2006, 2007) ermöglichen folgende Schlussfolgerungen:

1. Adulte Individuen besitzen mehr als 15 Septen. Die lediglich 12 gebauten Kammerscheidewände des C. levalloisi sind ein sicheres Indiz dafür, dass es sich um ein Jugendstadium handelt.

2. Auch der errechnete Drängungsindex (DI) von 3,3 deutet an, dass das Individuum noch juvenil war. Adulte „P“-Individuen besitzen Werte kleiner 2,1!

3. Der dritte Ontogenie-Parameter „Wachstumsindex“ (WI) konnte wegen der Wohnkammerlänge von 190° nicht ermittelt werden.

Literatur:

REIN, S. (2003): Zur Biologie der Ceratiten der spinosus-Zone - Ergebnisse einer Populationsanalyse -
Teil I: Populationsstatistik, Sexual-Dimorphismus und Artkonzept.-
Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 22: 43-67, 16 Abb., 2 Prof., Erfurt.
REIN, S. (2006): Zur Biologie der Ceratiten der compressus-Zone - Ergebnisse einer Populationsanalyse.-
Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 25: 47-68, 29 Abb., Erfurt.
REIN, S. (2007): Die Biologie der Ceratiten der flexuosus-, sequens/pulcher- und semipartitus/meissnerianus-
Zone - Entstehung und Aussterben der Biospezies Ceratites nodosus -
Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 26: 41-69, 31 Abb., 3 Prof., 6 Taf., Erfurt.
REIN, S. (2007): Die Evolution der Biospezies „Ceratites nodosus“ - vom typologischen Art-Konzept zum
Biospezies-Konzept – Beitr. Geol. Thüringen, N. F. 14: 85-112, 23 Abb., Jena.