Das besondere Fossil

August 2009- Ceratites robustus RIEDEL
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Größe:
D1 (Mitte Wohnkammer) = 78 mm,
Durchmesser Phragmokon (DPhr) = 68 mm

Oberer Muschelkalk, mittlere robustus-Zone, Troistedt
Skulptur kräftig knotig bis wulstig dichotom, lediglich zur Mündung leicht abgeschwächt, dafür Ausbildung rezessiver „flexuoser Rippel“ lateral bis ventral durchgehend, Lobenlinie aszendent.

Slg.: S. Brandt

In der Phylogenese (Stammesentwicklung) der Biospezies Ceratites nodosus stehen die Dimorphen Ceratites philippii / Ceratites robustus als „Chronospezies“ (Zeitform) der dichotomen Phase 2 (Ph 2).
Die Ontogenese (Individualentwicklung) der Individuen in den Phasen 2, 4 und 6 ist z.T. mit dem ersten Ontogeniestadium (Gehäuse noch ohne Skulptur) bzw. dem zweiten Ontogeniestadium (Gehäuse mit dichotomer Skulptur) abgeschlossen (REIN, S. 2001). Dabei bleiben die dimorphen Individuen der Formenreihe „P“ (Ceratites robustus) nur kurzzeitig im skulpturlosen ersten Entwicklungsstadium, d.h. bereits ihre Innenwindung erscheint kräftig dichotom skulpturiert (zweites Ontogeniestadium) und wird bis zur Gehäusemündung beibehalten. Zudem schwankt die Anlage dichotomer Skulpturelemente auf der Wohnkammer bei ausgewachsenen Individuen zwischen vollständiger Ausformung und/oder bis auf rezessive flexouse Rippelbildungen (REIN, S. 2007) durchweg fehlend. Diese von allen Ceratiten bekannte Skulpturabschwächung im Alter ist weder ein Zeichen einsetzender „Geschlechtsreife“ noch „Senilität“ (REIN, S. 2004).


Abb. 2


Wie die Belegstücke zeigen, verharren die Individuen der Chronospezies Ceratites robustus auf dem Skulpturniveau des zweiten Ontogeniestadiums und sind somit leicht mit den Morphen der Chronospezies Ceratites posseckeri (Ph 4) zu verwechseln. Das wird an Beispielen nachfolgender Beiträge „Fossil des Monats Oktober und November 2009“ mit dem Vergleich der Zeitformen aus der enodis/posseckeri -Biozone (Ph 4) demonstriert.

Die folgenden Bild-Beispiele vermitteln plastisch die Größe der morphologischen Variabilität der „Chronospezies“ Ceratites robustus in dieser lediglich fünf Meter mächtigen philippii/robustus –Biozone. Wichtig für die exakte taxonomische Zuordnung ist ein stratigraphisch fundiertes Sammeln. Anhand der Formenvielfalt wird es verständlich, warum immer wieder versucht wurde bzw. wird, allen biologischen Grundregeln zum Trotz, klangvolle typologisch basierte „Artnamen“ zu kreieren.


Individuen der unteren bis mittleren philippii/robustus –Zone Troistedt mit unterschiedlich kräftiger dichotomer Wohnkammerskulptur, Sutur leicht aszendent



Individuen der mittleren philippii/robustus –Zone Troistedt/Bucha mit schwacher bis fehlender Wohnkammerskulptur, schwacher rezessiver Rippelbildungen und aszendenter Sutur



Individuen der mittleren bis oberen philippii/robustus –Zone Troistedt mit z.T. abgeschwächt compressus –artiger Wohnkammerskulptur, schwacher rezessiver Rippelbildung, aszendenter und deszendenter (Mitte) Sutur



Individuen der mittleren philippii/robustus –Zone Troistedt, normaler Septenstellung und unterschiedlicher Nabelweite.


(Alle Ceratiten Slg. S. Brandt)

Literatur:

REIN, S. (2001): Neue Erkenntnisse zur Evolutionsbiologie der germanischen Ceratiten.- Ontogenese, Phylogenese und Dimorphismusverhalten Freiberger Forschungshefte C492, 9: 99 – 120, 5 Abb., 4 Taf., Freiberg.
REIN, S. (2004): Zur Biologie der Ceratiten der spinosus-Zone - Ergebnisse einer Populationsanalyse -; Teil II: Variationsbreite der Skulptur- und Suturbildungen.- Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 23: 33-50, 20 Abb., 2 Prof., Erfurt.
REIN, S. (2007): Die Biologie der Ceratiten der flexuosus-, sequens/pulcher und semipartitus/meissnerianus – Zone – Entstehung und Aussterben der Biospezies Ceratites nodosus.- Veröff. Naturkundemuseum Erfurt 26: 39-67, 32 Abb., 6 Taf., 3 Prof., Erfurt
REIN, S. (2007): Die Evolution der Biospezies „Ceratites nodosus“ – Vom typologischen Art-Konzept zum Biospezies-Konzept.- Beitr. z. Geologie v. Thüringen, N.F.14: 85-112, 23 Abb., Jena