Das besondere Fossil

November 2006- forma septadeformata
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Ceratites robustus
forma septadeformata ( Rein 1990)
Oberer Muschelkalk, Tiefurt, NKE Nr. 50012
Phragmokon-Durchmesser 39 mm

Beschreibung:

Für typologisch-taxonomische Zwecke benötigt man verwertbare Skulpturmerkmale der Wohnkammer. Dem Phragmokon als ontogenetischen Informationsträger wurde in der Vergangenheit kaum Beachtung geschenkt. Da jedoch die Septalfläche der Morphologie des apikalen Weichkörpers zum Zeitpunkt ihres Einbaues im hinteren Bereich der Wohnkammer entspricht, sind die Septen elementare physiologische Informationsträger.

Aus der Art und Weise des Septenbaues und ihrer Anheftung (Suturlinie) sind deshalb nachhaltige Rückschlüsse auf die unbekannte biologische Organisation des Ceratiten-Tieres zu erwarten.

Gleichmäßiges, unregelmäßiges, schnelles oder gebremstes Wachstum, Reaktionen auf Verletzungen, Befinden bei pathologischen Beeinträchtigungen - alle diese Befunde reflektieren den ontogenetischen Werdegang des Individuums. Das Entschlüsseln dieser beim Septenbau gespeicherten Informationen eröffnet die Möglichkeit diesen Lebenslauf zu rekonstruieren.

Vom apikalen Mantel wird das neue Septum geformt in die Gehäuseröhre eingebaut. Somit entspricht die Anlage der Kammerscheidewand zugleich der einstigen Position des Weichkörpers im hinteren Teil der Wohnkammer. In der Regel stehen dabei die Septen vom Marginalsattel zur Nabelmitte senkrecht ausgerichtet. Die Septen können jedoch auch eine zum Nabel hin absteigende (deszendente Sutur) oder eine gegen den Nabel hin aufsteigende Lage (aszendente Sutur) einnehmen. Diese genetisch vorgegebene Weichkörperlage wird im Normalfall während der gesamten Ontogenie beibehalten ( Rein 2004).

Am Beispiel des C. robustus wird deutlich, wie chaotisch der apikale Weichkörper nach einem traumatischen Ereignis reagieren kann.

Bei der vermutlichen Fressfeindattacke hatte der Ceratit eine Gehäuse-Größe von ca. 43 mm (DPhr = 30 mm). Seine verzweifelten Bemühungen die Verletzungsfolgen auszukurieren erstrecken sich über 150° bis zu einer Endgröße von 56 mm (berechnet mit Wachstumsfaktor 1,2). Dabei verlor er mit Sicherheit auch zeitweilig den Kontakt über den Sipho zu den frühen Kammern (forma septadeformata ).

 

Literatur:

Rein, S. (1990): Über Ceratiten (Cephalopoda, Ammonoidea) mit "fehlenden" Septen.- Veröff. Naturhist. Mus. Schleusingen, 5 , 22-25, 5 Abb., Schleusingen.

Rein, S. (1993): Zur Biologie und Lebensweise der germanischen Ceratiten.- in: Muschelkalk. Schöntaler Symposium 1991, S. 279-284, 7 Abb., Stuttgart, Korb (Goldschneck).

Rein, S. (2004): Zur Biologie der Ceratiten der spinosus -Zone - Ergebnisse einer Populationsanalyse - ; Teil II: Variationsbreite der Skulptur- und Suturbildungen.- Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 23: 33-50, 20 Abb., 2 Prof., Erfurt.