Das besondere Fossil

Januar 2007- Ceratites meissnerianus juv.
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Ceratites meissnerianus juv.
Oberer Muschelkalk, mo3, semipartitus/meissnerianus –Zone Reiffenhausen
6,4 m über Glaukonitkalkbank
DPhr = 85 mm; DE = 135 mm
Sammlung: Alexander Rosenthal

Beschreibung:

Beim Bau der A 38 waren am westlichen Tunnelmund des Heidkopftunnels auch Teile des Oberen Muschelkalkes bis zum unteren Keuper aufgeschlossen. Die ungestört liegenden Schichten über der Saurierkalkbank ermöglichten eine detaillierte lithostratigraphische Profilaufnahme. Mit diesem Profil waren die Mitglieder des Trias-Vereins in der Lage alle Fossilien exakt horizontiert zu bergen. Darunter waren auch zahlreiche Chronospezies meissnerianus und semipartitus. Da der Fundpunkt genau an der Landesgrenze von Thüringen und Niedersachsen liegt, handelt es sich dabei um Erstnachweise für Thüringen.

Die Phylogenese der Germanischen Ceratiten verläuft parallel in zwei Morphen „E“ und „P“ vom Zeitpunkt des Einwanderns der flexuosen Ceratiten in das obere Muschelkalkmeer bis zu ihrem Aussterben ( Rein 2001). Dieses Dimorphismus-Verhalten konnte statistisch mit zwei umfangreichen Populationsanalysen ( Rein 2003; 2006) als Sexual-Dimorphismus einer biologischen Spezies belegt werden.

Der jugendliche Ceratites meissnerianus zeigt auf dem 85 mm großen Phragmokon noch beispielhaft die frühontogenetische Skulptur einer „P“ –Morphe. Dieses markante Skulptur-Merkmal würde beim weiteren Wachstum vollständig verdeckt und wäre ab einer Gehäusegröße von ca. 230 mm nicht mehr sichtbar.

Als „E“ -Morphen besitzen juvenile Ceratites semipartitus ein lateral unskulpturiertes Gehäuse und sind ab einer Gehäusegröße von ca. 230 mm von C. meissnerianus nicht mehr zu unterscheiden. Da es sich dabei um männliche und weibliche Individuen einer biologischen Art ( Ceratites nodosus ) handelt ist dieses Handicap ohne Bedeutung.

Mit dem Nachweis des Dimorphismus-Verhaltens der Ceratiten aus der meissnerianus/semipartitus –Zone von Reiffenhausen wird das Phylogenese-Modell ( Rein 2001) eindrucksvoll bestätigt.

Jugendliche „P“ -Morphen (= meissnerianus ) scheinen, wie aus anderen Biozonen bekannt, zahlenmäßig zu überwiegen (mündl. Brandt, Rosenthal, Suchopar). Bei adulten Individuen kann ein ausgeglichenes Verhältnis der Chronospezies meissnerianus – semipartitus angenommen werden. Exakte Daten zum biologischen Verhaltensmuster der letzten Morphen am Ende ihrer Phylogenese sind jedoch einer statistischen Analyse vorbehalten.

 




 
 

Abb. b: C. meissnerianus , juv., semipartitus/meissnerianus –Zone Reiffenhausen,
DPhr = 130 mm, DE = 178 mm, Sammlung Sebastian Brandt

Abb. c: C. semipartitus , juv., semipartitus/meissnerianus –Zone Reiffenhausen,
DPhr = 158 mm, Sammlung Sebastian Brandt

Abb. d: Das Profil Reiffenhausen liefert wichtige Fakten zum Verständnis
der Korrelation von Fazies und Fossilführung mit Thüringer Profilen

Literatur:

Rein, S. (2001): Neue Erkenntnisse zur Evolutionsbiologie der germanischen Ceratiten.- Ontogenese, Phylogenese und Dimorphismusverhalten. Freiberger Forschungshefte C492, 9: 99 – 120, 5 Abb., 4 Taf., Freiberg.

Rein, S. (2003): Zur Biologie der Ceratiten der spinosus -Zone - Ergebnisse einer Populationsanalyse - Teil I: Populationsstatistik, Sexual-Dimorphismus und Artkonzept.- Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 22: 43-67, 16 Abb., 2 Prof., Erfurt.

Rein, S. (2006): Zur Biologie der Ceratiten der compressus -Zone - Ergebnisse einer Populationsanalyse - Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 25: 47-68, 29 Abb., Erfurt.